Elisabeth Kaiser

Elisabeth Kaiser wurde am 17. Juli 1912 in Stadtlohn geboren. 1916, als sie 4 ½ Jahre alt war, starb ihre Mutter. Gut ein Jahr später, 1918, heiratete ihr Vater Joseph Kaiser ihre Tante; sie war die jüngere Schwester der Mutter. Sechs Jahre später, 1924 − da war Elisabeth 12 Jahre alt −, starb auch diese. In der Familie gab es insgesamt 6 Kinder, geboren zwischen 1902 und 1923.

Elisabeths älteste Schwester Katharina heiratete 1928. Vermutlich hat Elisabeth seitdem den väterlichen Haushalt geführt. Nach dem Tod ihres Vaters 1937 wurde das elterliche Haus in der Hagenstraße verkauft. Elisabeth hatte wohl psychische Probleme und war zeitweise in einer Klinik in Münster.

Am 8. April 1940 − da war sie fast 28 Jahre alt − kam sie als Hausgehilfin auf den Bauernhof Schlettert in der Bauerschaft Hundewick bei Stadtlohn. Hier lernte sie den polnischen Arbeiter Alexander Bulinski kennen und lieben, der auf dem Hof arbeitete und dort ein Zimmer hatte. 1941 wurde sie schwanger und zog im siebten Monat kurz zur Familie ihrer Schwester, bevor sie durch eine Fürsorgerin nach Rheine in ein Heim für ledige Mütter kam. Dort wurde sie von der Gestapo verhört und zum Vater ihres Kindes befragt. Sie sagte die Wahrheit − ihrer religiösen Überzeugung folgend wollte sie nicht lügen und von einer Vergewaltigung sprechen.

Der Vater des Kindes Alexander Bulinski, am 23. November 1904 im westpreußischen Damerau / Kreis Kulm geboren, das nach dem Ersten Weltkrieg Polen zugesprochen wurde und im Zweiten Weltkrieg von deutschen Truppen wieder erobert wurde, kam 1940 als Arbeiter auf den Hof Schlettert, wo er Elisabeth Kaiser kennenlernte. Nachdem sie schwanger geworden war, wurde er in das „Wiedereindeutschungslager“ Hinzert im Saarland geschickt. Er überlebte die Kriegszeit, seine Spur verliert sich in der Nachkriegszeit in Recklinghausen.

Elisabeths Kind wurde am 19. März 1942 in der Universitäts-Frauenklinik Münster geboren und sie gab ihm den Namen Walter. Nach acht Tagen kehrten sie zusammen wieder in das Heim für ledige Mütter nach Rheine zurück.

Ein paar Wochen später wurde Elisabeth nochmals verhört und kam nicht wieder. Sie wurde zunächst von der Gestapo in Münster inhaftiert und schließlich am 12. April 1943 ins Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück transportiert, wo sie am 5. Januar 1944 den Tod fand.

Ihr Sohn Walter kam von Rheine aus zunächst in ein Kinderheim nach Osnabrück, bevor er mit 1 ½ Jahren zu einer Pflegefamilie in Ochtrup kam. Von dieser wurde er mit 15 Jahren adoptiert. Über seine leiblichen Eltern hatte er bis ins Alter keine Informationen.


Der Stolperstein wurde am 18. Dezember 2023 in Anwesenheit ihres Sohnes Walter und seiner Familie verlegt.